Blockchain-Grundlagen

Mythos Kryptowährungen

Michael: „Hey Steffi, hast du eigentlich auch Bitcoin?“
Steffi: „Bit-was?“
Michael: „Bitcoin! Diese Kryptowährung, mit der man einfach Millionär wird.“

Es ist nicht zu leugnen: Digitales Kryptogeld ist in aller Munde. Ob morgens in Bus und Bahn, bei der Arbeit, in Schulen und Unis oder abends beim gemütlichen Feierabendbier in der Stammkneipe. Die Menschen sprechen zweifellos über dieses für viele immer noch nebulöse Thema.

Klingende Digitalmünzen

Digitale Münzen und vermeintlich anonyme Geldtransfers in Echtzeit liegen voll im Trend und entsprechen dem modernen Zeitgeist. Nennen wir das Kind beim Namen: Kryptowährungen sind einfach hip!

Artikel Blockchain-Grundlagen, Bild y12-block-chain

Dabei ist digitales Geld keineswegs völliges Neuland. Viele verwenden Dienste wie das Online-Banking bereits seit Jahren im eigenen Alltag und beherrschen es mittlerweile souverän und aus dem Effeff. Bei Bedarf lässt sich dieses Digitalgeld später problemlos an einem Bankautomaten als Bargeld auszahlen. Tatsächlich findet hierbei ein 1:1-Tausch von digitalen Euros in echte Euros (oder in eine andere Währung) statt. Was macht jedoch den Reiz von Kryptogeld aus?

Kryptowährungen basieren (mit bisher wenigen Ausnahmen) auf einer Technologie namens Blockchain. Diese Blockchain entspricht einem dezentralen Kassenbuch, in dem u.a. monetäre Transaktionen im Sinne von „Person A schickt Summe X an Person B“ vermerkt sind.

Blockchain als Fundament für Großes

Dezentralität bietet einige Vorteile gegenüber zentralisierten Systemen wie Online-Banking oder Behörden: Blockchains sind offen für die Teilnahme durch Jedermann, der über Computer und/oder Mobilgerät und einen ergänzenden Internetzugang verfügt – in der westlichen Welt also praktisch jeder. Durch die konstant voranschreitende Digitalisierung wird die Partizipation an der Blockchain jeden Tag für mehr Menschen und Institutionen weltweit attraktiver.

Eine willkürliche Ablehnung Einzelner durch eine zentrale Instanz ist nicht möglich. Exemplarisch für eine zentralisierte Institution wäre hier eine Bank zu nennen, die über die Teilnehmer an ihrem Online-Banking bestimmt: Wer erhält überhaupt ein Konto und darf dieses anschließend über das Internet verwalten?

Weiterhin ist die Blockchain 24 Stunden an 7 Tagen die Woche verfügbar. Die Beachtung von Öffnungszeiten in Behörden oder das Abwarten der Überweisungsausführung bei einer (SEPA-)Überweisung gehören mit der Blockchain der Vergangenheit an. Faktisch dauert es – je nach verwendeter Blockchain und/oder Kryptowährung – im schlimmsten Fall wenige Stunden, bis eine Finanztransaktion beim Empfänger eintrifft. Aber auch hier geht die technologische Entwicklung rasend schnell vonstatten, so dass die tatsächliche Ausführung innerhalb von Minuten geschieht.

Abschließend handelt es sich bei einer Blockchain um ein revisionssicheres System, welches einmalig getätigte Transaktionen ohne die nachträgliche Möglichkeit der Veränderung speichert. Eine direkte Manipulation der Blockchain durch eventuelle Hackerangriffe ist daher nur unter sehr großem Aufwand möglich und kann heute praktisch ausgeschlossen werden.

In Stein gemeißelt

Die Revisionssicherheit der Blockchain erlaubt dementsprechend für immer die klare Nachvollziehbarkeit aller Transaktionen für alle Teilnehmer. Manche Projekte verfolgen jedoch den Ansatz, eben genau diese Nachvollziehbarkeit von getätigten Transaktionen zu verhindern und damit für eine größere Privatsphäre zu sorgen. Man spricht in diesem Fall von Privacy Coins.

Zwar kann die Blockchain prinzipiell nicht bzw. nur mit hohem Aufwand direkt angegriffen werden, jedoch ist der Diebstahl der privaten Schlüssel denkbar. Durch diese Zugriffscodes wird die Verwendung der Brieftasche bzw. Wallet sichergestellt, welche – vereinfacht gesagt – die eigenen Kryptowährungen enthält. Hieraus lassen sich Überweisungen von Kryptogeld zu anderen Brieftaschen durchführen.

Aktuell stellt der Transfer von Kryptowährungen quasi den einzigen nennenswerten Anwendungsfall dar. Dies ist auf den frühen Entwicklungsstand der Blockchain-Technologie zurückzuführen, der eindeutige Parallelen zum historischen BTX-System erkennen lässt, denn …

Gut Ding will Weile haben

In Deutschland wurden die Voraussetzungen für unser heutiges Online-Banking in den 1980er-Jahren durch seinen Vorgänger, das BTX-System der Deutschen Post, geschaffen. So war es durch die damals revolutionäre, aber wenig bedienungsfreundliche Innovation möglich, Geld via Fernkommunikation an einen anderen Teilnehmer des BTX-Netzwerkes zu übertragen.

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Genauso wie digitales Geld waren und sind auch Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie einer evolutionären und technischen Entwicklung unterworfen, selbst wenn diese etwas kürzer als die des Online-Bankings erscheinen mag. Auf den bekannten Bitcoin als einzigem nennenswerten Vertreter der 1. Generation von Kryptos folgte die Ethereum-Plattform, welche einige Schwächen und Ineffizienzen des Bitcoins ausmerzen wollte und bis heute will.

Jedoch ist auch Ethereum mittlerweile gewissermaßen in die Jahre gekommen und wird von neuen Herausforderern um die Krone des Kryptomarktes angegangen. Mit Cardano und Tron schicken sich zwei vielversprechende Vertreter unter einigen weiteren Konkurrenten an, die Marktführerschaft von Bitcoin und Ethereum streitig zu machen. (Alle genannten Coins werden in eigenständigen Artikeln kurz vorgestellt.)

Auf dem Weg zum Mond

Trotz des bereits fortgeschrittenen Alters des Bitcoins befindet sich die zugrundeliegende Blockchain-Technologie nebst vergleichbaren Varianten wie dem IOTA-Tangle noch in den Kinderschuhen. Täglich tauchen neue Kryptowährungen oder entsprechende Projektankündigungen in Kryptobörsen oder auf Webseiten mit aktuellen Kryptokursen auf. Der Autor empfiehlt als brauchbare Quellen Coingecko und Coinmarketcap. Aktuelle Termine rund um Kryptoprojekte finden sich auf Coinmarketcal.

Blockchains, Kryptowährungen, Smart Contracts und dezentrale Anwendungen (DApps) sind klar disruptive Technologie, die bisherige Innovationen und Verfahren voraussichtlich ablösen werden. Was das Handy für das Festnetz war, werden Blockchains für das Internet werden. Globale Netzwerke, Speicher und Rechnersysteme, die fälschungssicher und für jedermann offen und nachvollziehbar sind. Es wird ein bedeutsamer Paradigmenwechsel in der Art zu zahlen stattfinden. Daten werden dezentral gespeichert werden. Unser Leben wird sich grundlegend ändern.

Ich empfinde diese Entwicklung als äußerst spannend und bin dankbar, sie von Beginn an mitzuerleben und selbst gestalten zu können.

Dieser Artikel ist auch in einer angepassten Version auf Chip.de und Focus.de erschienen.